Ist auch „Öko“ drin wenn es drauf steht?
Ein Ökokraftwerk mit 1 Terawatt Leistung im Jahr, ganz und gar aus erneuerbaren Energien erzeugt, im Herzen der Energieregion Lausitz, ist genau das richtige Signal in diesen Tagen. Genauso verständlich ist die Freude in Schleife über die in Aussicht gestellten Arbeitsplätze nach vollendeter Investition in das Gesamtprojekt mit vier Bausteinen.
Nach der Gigafactory in Grünheide nun also eine Terafactory bei Schleife? Der Vergleich scheint gar nicht weit hergeholt, wenn der Flächenverbrauch von 870 ha dafür herangezogen wird. Und hier liegt das Hauptproblem. Es soll eine Fläche von über 900 Fußballfeldern an bisher unzerschnittenem Wald und Heideland umgewandelt werden in ein Industriegebiet. Christian Hoffmann, Vorsitzender der NABU-Regionalgruppe in Weißwasser, wendet ein: „Dies widerspricht, entgegen dem ersten positiven Eindruck zu diesem Projekt, komplett den Zielen der Landesplanung, die Neuversiegelung zu verringern, den Wald zu mehren, und zugleich widerspricht es auch den Zielen des Klimaschutzes.“
Großflächige Waldgebiete sind der beste Garant für ein ausgeglichenes Regionalklima in Zeiten des Klimawandels. „Der Kiefern-Monokultur-Forst muss durch Waldumbau fit gemacht werden für den Klimawandel, damit er seine Funktion auch in Zukunft erfüllen kann.“ sagt Christian Hoffmann. Eine so große Waldfläche zu opfern sei hingegen völlig kontraproduktiv, zumal hunderte Hektar Wald nicht mal schnell in der Umgebung aufgeforstet werden können. Alternativ kann die Sonnenenergie ab der nächsten Förderperiode für die Landwirtschaft in Form der Agrifotovoltaik auch auf landwirtschaftlichen Flächen gewonnen werden, ohne einen Baum fällen zu müssen. Es wäre dann nicht mehr zu Bauland umzuwidmen. Dies dürfte die Fotovoltaik im genutzten Offenland deutlich
attraktiver machen. Nicht zuletzt gibt es viele Dachflächen und Fassaden von privaten und gewerblichen Gebäuden, die sich für Solarstrom eignen und auch gefördert werden. Ein nicht ausgeschöpftes Potenzial aus „hundert Prozent Bürgerenergie“.
Richtig ist auch, dass im Planungsgebiet nur ein kleines Vorrang- und Eignungsgebiet für die Nutzung der Windenergie auf der westlichen Außenhalde durch die Regionalplanung vorgesehen wurde. (1) Ein solches Eignungsgebiet wäre die Voraussetzung für eine Genehmigung. Nun hat die Bundesregierung
ein 2-Prozent-Ziel der Gesamtfläche Deutschlands für die Errichtung von Windkraftanlagen ausgelobt. Derzeit sind es 0,8 % der Fläche. Dementsprechend könnte es notwendig werden, die Eignungskriterien anzupassen, um eine solche Flächenvergrößerung erreichen zu können. Fest steht jedoch weiterhin die Kompetenz bei der Regionalplanung um einem „Wildwuchs“ vorzubeugen.
(1) Zugleich erfordert es einen gesellschaftlicher Prozess und keinen Schnellschuss.
Gänzlich ungeeignet für die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern und als Mittel gegen den Klimawandel ist die Nutzung von Holz. (3) „In Deutschland haben wir keinen Holzüberschuss für unseren Energiehunger, zumal das Holz viel zu teuer und wertvoll ist, um es zu verheizen.“ stellt Christian Hoffman fest. Wie schon in den bestehenden Holzverbrennungskraftwerken kommt das
Holz häufig aus den Ländern östlich von Deutschland oder gar aus Übersee, wo tausende Quadratkilometer Wald abgeholzt werden, andererseits wird die industrielle Holzenergieproduktion subventioniert. Nur Holz als Baustoff bindet über sehr lange Zeit Kohlenstoff. Der Druck auf die langsam wachsenden Forst- und Waldökosysteme nimmt zu. (2) Holz zu verbrennen kann also keine
allgemeine Praxis für die Erzeugung unseres Stromes und unserer Wärme sein, sondern nur ein kleiner Baustein, eher für den privaten Bereich.
Verständlicherweise wünschen sich die Bürger von Schleife billige Energie, Versorgungssicherheit, Arbeitsplätze und die Gemeinde Gewerbesteuer-Einnahmen. Doch mit diesem „Deal“ geht es wieder auf Kosten der uns alle erhaltenden Umwelt und ist somit alles andere als „öko“ und „sozial“.
„Spätestens jetzt müssen wir darüber diskutieren, wie wir in Zukunft leben dürfen, denn wir haben unser Konto längst überzogen. Die Natur kennt keinen Kredit oder Schuldenerlass, sondern nur die Trägheit des Ökosystems Erde, welches uns scheinbar noch Zeit gibt um katastrophale Auswirkungen
des vom Menschen verursachten Klimawandels abzuwenden.“, so das Fazit von Christian Hoffmann.
(1) Zweite Gesamtfortschreibung des Regionalplans für die Planungsregion Oberlausitz-Niederschlesien
(Entwurf)
(2) NABU-Studie des Frauenhofer-Instituts für angewandte Informationstechnik FIT